Deskriptorsysteme sind mathematische Modelle technischer Prozesse, die durch Differential- und algebraische Gleichungen beschrieben werden. Dadurch erlauben sie einen wesentlich besseren physikalischen Einblick in das Verhalten dynamischer Systeme als die meist abstrakte Formulierung im Zustandsraum. Dieser Vorteil wird jedoch durch vermehrte Schwierigkeiten bei der Analyse und Synthese derartiger Systeme erkauft.
Bei Deskriptorsystemen mit nicht-properem Übertragungsverhalten hängt das Eingangs-/ Ausgangsverhalten im Zeitbereich von höheren Ableitungen der Eingangsgrößen ab. Nicht-properes Übertragungsverhalten kann nur bei Deskriptor-Realisierungen mit höherem Index auftreten [1], [2].
Mit der H∞-Methode kann ein Regler entworfen werden, der unter Vorgabe von dynamischen Gewichtungsfunktionsmatrizen gutes Führungs- und Störverhalten aufweist und gleichzeitig robust gegenüber Parameterunsicherheiten ist.
Das Ziel der Arbeit ist die Untersuchung der Anwendbarkeit bekannter H∞-Methoden auf Regelstrecken, die als Deskriptorsystem vorliegen und nicht-properes Übertragungsverhalten zeigen. In dieser Arbeit werden zwei H∞-Lösungsansätze in Deskriptorform diskutiert [3], [5]. Die Analyse beider Ansätze führt zu einer Erweiterung der Regularitätsbedingungen, die Voraussetzung zur Lösung des nicht-properen H∞-Problems ist. Dabei führt der in der Arbeit vorgeschlagene Ansatz nicht nur zu einer rein mathematischen Lösung des nicht-properen H∞-Problems, sondern vor allem zu einem technisch realisierbaren H∞-Regler. Eine der Voraussetzungen zur Lösung des Problems ist der Entwurf von Formfiltern, die ein nicht-properes Übertragungsverhalten einer Regelstrecke in ein properes Übertragungsverhalten überführen. Das Verfahren wird in dieser Arbeit als Methode der "Properisierung" bezeichnet. Diese Methode dient dem Entwurf von Formfiltern auf der Grundlage von Systeminformationen einer bestimmten Deskriptorsystem-Darstellung, der so genannten "Weierstraß-Kronecker-Normalform".
Der nicht-propere H∞-Entwurf in Deskriptorform und die Methode der "Properisierung" werden an einem Anwendungsbeispiel aus der sicherheitstechnischen Regelungstechnik veranschaulicht. Das Anwendungsbeispiel basiert auf einem Benchmark-Problem [4], mit welchem die aktive Dämpfung von Gebäudeschwingungen, verursacht durch Erdbeben, simuliert werden kann.
[1] Müller, P. C.: Linear-Quadratic Optimal Control of Non-Proper Descriptor Systems.
Proc. MTNS 2000, Perpignan, 2000.
[2] Müller, P. C.: Optimal Control of Proper and Nonproper Descriptor Systems.
Archive of Applied Mechanics 72, 2003.
[3] Rehm, A.; Allgöwer, F.: H Control of Descriptor Systems with high Index.
IFAC World Congress, Beijing, P. R. China, Vol. D, S. 31-37, 1999.
[4] Spencer, B. F., Jr.; Christenson, R. E.; Dyke, S. J.: Next Generation Benchmark Control Problems for Seismically Excited Buildings.
Proc. 2nd World Conf. on Structural Control, Vol. 2, S. 1135-1360, 1999.
[5] Takaba, K.; Morihira, N.; Katayama, T.: H Control for Descriptor Systems - A J-Spectral Factorization Approach.
Proc. 33rd Conf. on Decision and Control, Lake Buena Vista, FL, S. 2251-2256, 1994.