Gesellschaftlich relevante Themen werden zunehmend international diskutiert und verhandelt und besonders im naturwissenschaftlich-technischen Bereich wird Englisch häufig als Kommunikations- und Arbeitssprache genutzt. Entsprechend wird seitens der Europäischen Kommission sprachliche Förderung in der Muttersprache und zwei Fremdsprachen auf möglichst hohem berufstauglichem Niveau angestrebt. Dabei wird bilingualer Unterricht als erfolgsversprechendes Lehr-Lernarrangement zur Entwicklung dieser Mehrsprachigkeit angesehen. Andererseits belegen Lernstudien für den deutschsprachigen Raum Entwicklungsbedarf im Bereich der naturwissenschaftlichen Grundkenntnisse und Lesekompetenz. Sie belegen außerdem eine heterogene Leistungsverteilung in Lerngruppen. Folglich gilt es, Lernangebote zu entwickeln und mit ihnen zu untersuchen, ob experimentelle bilinguale Unterrichtsangebote das Potential haben, Sachfachlichkeit sowie Mehrsprachigkeit in der L1 und L2 zu fördern und ob sie einer Förderung der Mehrsprachigkeit auch für heterogene Lerngruppen dienen.
Das vorliegende Unterrichtsangebot „The Brain – A Living Network“ gab in naturwissenschaftlicher Hinsicht Einblicke in biologisch-medizinische Arbeitsweisen und verknüpfte bilingualen mit einem experimentellen Unterricht als außerschulisches Lernangebot. Das Lehr-Lernarrangement verstand sich als bilinguales Angebot für alle Lernenden auch ohne bilinguale Vorerfahrung, in dem das sachfachliche Lernen im Mittelpunkt stand und sprachlich intensiv interagiert wurde. Dieser ganztägige Schülerlabortag zur Neurobiologie für die SEK II wurde bilingual englisch und monolingual deutsch durchgeführt und beforscht. Die quasiexperimentelle Stichprobe mit quantitativem Ansatz als Paper & Pencil Tests im Pre-, Post- und Follow-up-Design explorierte kognitive und affektive Daten. Neben dem sachfachlichen Wissen wurde die fremdsprachliche Sprachkompetenz untersucht. Erhoben wurden affektive Daten zur Durchführungs- und Auswertungskompetenz, zum Sach- und Fachinteresse Biologie und Englisch sowie zu sprachlichen und biologischen Fähigkeitsselbstkonzepten. Zusätzlich wurde das Flow-Erleben in den Experimentalsituationen beforscht. Qualitative Untersuchungen zum Concept Mapping, zu Diskursfunktionen in englischer Sprache sowie zum Sprachgebrauch in englischer und deutscher Sprache im Pre- und Post-Design ergänzten die in der Hauptstudie vorgenommenen Untersuchungen.
In der vorliegenden Studie kann grundlegend die Machbarkeit des entwickelten Schülerlabortages zur Neurobiologie belegt werden. Weiterhin kann ein Wissenszuwachs bei den verschiedenen Lerngruppen ermittelt werden. Ein Vergleich des Wissenszuwachses bei bilingual englisch und monolingual deutsch Unterrichteten zeigte in dieser Studie gleichwertige Ergebnisse. Auch mittels Concept Mapping wurde homogener, differenzierter und vernetzter Wissenszuwachs abgebildet. Insgesamt wird für die experimentbezogenen Variablen eine weitest gehende Treatment-Unabhängigkeit ermittelt. Für die anhand affektiver Variablen identifizierten Lernertypen wurden unterschiedliche Wirksamkeiten registriert: Während biologisch interessierte Lernende kurz- wie langfristig ein erhöhtes bilinguales Fähigkeitsselbstkonzept zeigen, wird diese Steigerung bei fremdsprachlich Interessierten langfristig sichtbar. Zudem zeigen sowohl sprachlich als auch biologisch interessierte Allrounder langfristig einen Abfall des Druckempfindens. Biologisch Interessierte schätzen langfristig die Bedeutung der Fremdsprache in der naturwissenschaftlichen Forschung höher ein. Aufgrund der identifizierten affektiven und kognitiven Ergebnisse kann insgesamt für das dieser Studie zugrunde liegende, bilinguale experimentale Lehr-Lernarrangement eine sehr homogene Wirksamkeit auf eine heterogene Schülerschaft angenommen werden. Auch kann belegt werden, dass eine doppelte Sachfachliteralität erzielt wurde. Auch kann belegt werden, dass eine doppelte Sachfachliteralität erzielt wurde.