Die vorliegende Arbeit behandelt im wesentlichen zwei Aspekte. Der erste Teil hat die Untersuchung struktureller und optischer Eigenschaften von Si/SiGe Multi Quantum Wells zum Gegenstand. Ziel der Arbeit war es insbesonders, den Einfluß lateraler Ge-Cluster in den SiGe Schichten sowie den Einfluß der SiGe/Si Grenzflächenrauhigkeit auf die Photolumineszenz zu untersuchen.
Um die externe Quanteneffizienz von Si/SiGe Leuchtdioden zu erhöhen, wurde als zweiter Schwerpunkt dieser Arbeit gezeigt, daß die ternäre Legierung Indium-Zinn-Oxid (ITO) für den Einsatz als Top-Kontakt bei Si/SiGe Leuchtdioden geeignet ist.
Als Meßmethoden wurden Röntgenreflektivität und -streuung, Röntgentopographie, Sekundärelektronen-Massensprektroskopie, Transmissions-Elektronenmikroskopie, Photolumineszenz- und Ramanspektroskopie angewandt. Die unterschiedlichen Charakterisierungsmethoden ergänzen sich und erlauben eine gegenseitige Überprüfung der Ergebnisse. In dieser Arbeit wurde der Effekt der Schicht- und Grenzflächenstruktur auf die optischen Lumineszenzeigenschaften im Wesentlichen in fünf Teilaspekten behandelt:
Im ersten Teil wurde die Struktur der Si/SiGe Multiquantum Wells optimiert, so daß Photo- und Elektrolumineszenz bei Raumtemperatur möglich waren. Hierbei führte eine Quantum Well Dicke von 4 nm bei einer Ge-Konzentration von 23% zu einem ausreichenden Confinement der Ladungsträger, so daß trotz einer starken, thermisch bedingten Intensitätsschwächung noch Photolumineszenz bei Raumtemperatur vorhanden war.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde gezeigt, daß entgegen jüngster Veröffentlichungen einer anderen Forschungsgruppe die Bildung von Ge-Clustern innerhalb der SiGe Legierung nicht zu einer Reduktion der Photolumineszenz führt. Vielmehr kann angenommen werden, daß Defekte und Verunreinigungen in den SiGe-Schichten zu der erwähnten Reduktion der Photolumineszenz geführt haben.
Im dritten Teil wurden mögliche Effekte von Exzitonenstreuung oder Lokalisierung durch rauhe SiGe/Si Grenzflächen untersucht. Es ergab sich ein relativ geringer Effekt von Grenzflächenrauhigkeit auf die Photolumineszenzeigenschaften. Lediglich im Falle sehr rauher Grenzflächen können Potentialfluktuationen an der Grenzfläche zu einer Lokalisierung von Excitonen und damit zu einer Verschiebung der Photolumineszenz um etwa 8 meV zu höheren Energien führen. Die relevante Längenskala hierbei ist der Exziton Bohr Radius als Grenzwert für Lokalisierungseffekte. Sind die Potentialfluktuationen an der Grenzfläche kleiner als der Exziton Bohr Radius, dann mittelt die Exciton Wellenfunktion über diese Schwankungen hinweg ohne davon beeinflußt zu werden. Im Falle sehr großer Fluktuationen in der Größenordung des Bohr Radius, für SiGe mit einer Ge-Konzentartion von 23% ca. 7-8 nm, kommt es zu einer Exzitonen Lokalisierung.
Im vierten Teil der Arbeit wurde die Defektlumineszenz in Gruppe-IV Halbleiter-Heterostrukturen behandelt. Aktuell wird die Bedeutung einer metallischen Dekoration von Versetzungen in Si Kristallen diskutiert. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, daß zusätzlich zur Existenz von Versetzungen auch eine Dekoration dieser Versetzungen mit einem Metall wie z.B. Eisen nötig ist, um in dieser Versetzung eine strahlende Rekombination von Ladungsträgern zu induzieren.
Im letzten Teil dieser Arbeit wurde eine Si/SiGe Leuchtdiode hergestellt. Hierbei ist zum ersten Mal die ternäre Indium-Zinn-Oxid Legierung (ITO) als ohmischer Kontakt für Si/Si1-xGeₓ Heterostrukturen benutzt worden. Ein wichtiger Schritt bestand im Aufbau einer thermischen Verdampfungsanlage für ITO in Zusammenarbeit mit der Firma MBE-Komponenten. Es konnten ITO Schichten mit einer Transparenz von ca. 90% im sichtbaren Spelktralbereich und mit ca. 60 - 80% im Bereich 1.2-1.3 μ m hergestellt werden, in dem auch die Si/SiGe Leuchtdiode ihr Emissionsmaximum hat. Solche Schichten haben einen Flächenwiderstand von ca. 2000 μ Ω cm. Aufgrund eines starken Loch-Confinements in den SiGe Schichten zeigte die Leuchtdiode Elektrolumineszenz bis Raumtemperatur. Die Leistungs-Effizienz war jedoch mit 10-9 gering. In dieser Arbeit sollte gezeigt werden, daß man auf eine relativ einfache Weise ohmsche ITO Kontakte für den Einsatz bei Leuchtdioden herstellen kann. Auf diese Weise kann man die bei Halbleiter-Leuchtdioden üblichen metallischen Kontakte mit hoher Absorption durch ITO Kontakte mit sehr geringer Absorption ersetzen. Da das Wachstum der ITO Schichten unabhängig vom zugrundeliegenden Substrat ist, eignet sich dieses Material sowohl für III-V als auch für II-VI oder IV-IV Systeme.