Der zelluläre Schleimpilz Dictyostelium discoideum zeigt in Bezug auf posttranslationale Modifikationen viele Parallelen zu höherentwickelten Organismen. Aufgrund dieser Tatsache und wegen seiner einfachen Kultivierung wurde dieser Eukaryont herangezogen um die funktionelle Bedeutung von Glycanstrukturen an Proteinen zu untersuchen. Mutanten mit einem reduzierten Fucosylierungsgrad zeigen phänotypische Veränderungen in der Lebensfähigkeit ihrer Sporen und präsentieren im Vergleich zum Wildtyp veränderte glycanabhängige Epitope an deren Proteinen. Bislang fehlte eine detaillierte Charakterisierung der vorhandenen Glycanstrukturen in Wildtyp und Mutanten. Diese ist jedoch erforderlich, um den verursachten Phänotyp auf molekularer Ebene erklären zu können. Anhand des prominenten Sporenmantelproteins SP96 wurde in der vorliegenden Arbeit eine eindeutige strukturelle Aufklärung der in den verschiedenen Mutanten vorliegenden posttranslationalen Modifikationen erreicht.
Am Protein des Wildtyps konnten etwa 20 an Serine gebundene Fucose-Einheiten, sowie etwa 60 Einheiten der neuartigen, phosphodiester gebundenen Disaccharidstruktur (Fuc(α1-3)GlcNAc-α-1-P) an Serine nachgewiesen werden. Diese wurde mittels GC-MS und LC-MS Analysen, sowie durch 1D- und 2D-NMR-Spektroskopie eindeutig identifiziert.
Die Quantifizierung der posttranslationalen Modifikationen am SP96 Protein erfolgte mittels HPAEC-PAD Monosaccharid- und GC-MS Analyse sowie eines colorimetrischen Phosphattests und zeigte, daß im Protein des Wildtyps über 70% der Serine glykosyliert vorliegen. Die Abnahme der Fucose in den zwei Mutanten auf etwa 20 % bzw. < 5% im Vergleich zum Wildtyp konnte in einer Mutante eindeutig dem Verlust der terminalen Fucose von der Disaccharideinheit, in einer anderen Mutante dem weiteren Verlust der O-glycosydisch gebundenen Fucose zugeordnet werden. Die Lokalisierung der vorhandenen Glycanstrukturen erfolgte nach enzymatischer Spaltung des Proteins und anschließender Edman-Sequenzierung der mittels Antikörper markierbaren Fragmente. Darüberhinaus wurde ein bereits in D. discoideum etabliertes Expressionssystem, benutzt um Peptidmotive aus SP96 auf ihre potentielle Glykosylierbarkeit hin zu untersuchen.
Es konnte gezeigt werden, daß alle Modifikationen an der Aminosäure Serin vorliegen, wobei der überwiegende Teil am C-terminus des Proteins lokalisiert zu sein scheint. Die identifizierten, quantifizierten und lokalisierten Glycanstrukturen konnten abschließend in direkten Zusammenhang zu den Epitopen monoklonaler Antikörper gebracht werden.
Die phänotypischen Beobachtungen lassen sich so erklären, daß der Verlust der direkt an Serin gebundenen Fucose, im Gegensatz zu der terminal am Disaccharid gebundenen, einen größeren Einfluß auf die korrekte Eingliederung von SP96 in den Komplexvon Sporenmantelprotein hat. Dies führt letztendlich zu einem permeableren Sporenmantel.