Die Arbeit diskutiert Ergebnisse von Boden- und fluggestützten Messungen, die während der BERLIOZ Kampagne im Sommer 1998 durchgeführt wurden. Während BERLIOZ wurden eine Reihe atmosphärischer Spurenstoffe an der etwa 50 km nord westlich von Berlin gelegenen Bodenmeßstation Pabstthum meßtechnisch erfaßt. Dazu zählten auch spektroskopische Messungen von OH-, HO₂- und RO₂-Radikalen. Zur Messung von Kohlenwasserstoffen wurden ein kommerzieller automatisierter Gaschromatograph (AirmoVoc Hc1010) und ein Eigenbau Gaschromatograph mit kryogener Anreicherung eingesetzt. In Vorbereitung auf die Kampagne wurde der HC1010 für den quasi-kontinuierlichen Meßbetrieb mit einer Zeitauflösung von 20 min während BERLIOZ charakterisiert. Hierzu wurde der HC1010 mit einem Massenspektrometer gekoppelt, welches parallel zum Flamenionisationsdetektor betrieben wurde.
Die mittlere OH-Konzentration in der Berliner Abluftfahne wurde aus dem Abbau reaktiver Kohlenwasserstoffe unter Verwendung der Boden- und Flugzeugmessungen indirekt ermittelt. Der aus den fluggestützten Messungen abgeschätzte Wert zeigt eine recht gute Übereinstimmung mit den direkten spektroskopischen Messungen. Am Boden liegen aber zu wenig Informationen bezüglich der horizontalen Ausbreitung der Abluftfahne vor, um die benötigte Lagrange´sche Beziehung der Bodenstationen zu beweisen.
Die lokale Ozonproduktionsrate P(O₃) wurde in Pabstthum aus dem photostationären Zustand (PSS) von NOₓ bestimmt. Ein Vergleich mit der aus Radikalmessungen mittels MIESR erhaltenen Produktionsrate und mit dem O₃-Budget aus den Flugzeumessungen zeigt, daß der PSS die tatsächliche Ozonproduktion signifikant überschätzt. Wegen der hohen Meßgenauigkeit, mit der die einzelnen Größen erfaßt wurden, ist dieses Ergebnis ein deutlicher Hinweis auf eine bisher unbekannte Reaktion in der Atmosphäre, die NO zu NO₂ konvertiert, ohne daß es dabei zu einer netto Ozonproduktion kommt.
Die in Pabstthum durchgeführten Spurengasmessungen wurden verwendet, um das photochemische Modell RACM durch Vergleich von simulierten mit gemessenen OH-, HO₂- und RO₂-Radikalkonzentrationen zu evaluieren. Der Vergleich zeigt eine relativ gute Übereinstimmung zwischen Modell und Messung für NOₓ-Mischungsverhältnisse > 5 ppb. Für niedrigere NOₓ-Mischungsverhältnisse überschätzt das Modell die gemessenen OH- und HO₂-Konzentrationen um 100 % beziehungsweise 40 %, ähnlich wie es auch in anderen Studien gefunden wurde. Das Modell zeigt eine wesentlich größere Abhängigkeit der OH-Konzentration von NOₓ als die Messungen. Die simulierten OH- und HO₂-Radikalkonzentrationen können nur mit den Messungen in Übereinstimmung gebracht werden, wenn in RACM eine Verlustreaktion 1. Ordnung für OH mit kOH ~ 1 s-1 eingefügt wird. Dann wird allerdings zusätzliche VOC-Reaktivität äquivalent zu 100 ppt Limonen benötigt, um simulierte und gemessene RO₂ Radikalkonzentrationen in Übereinstimmung zu bringen.