Die Geschichte der computerbasierten, generativen Designmethoden ist in etwa so alt, wie die der CAD-Systeme selbst. Während Letztere eine nicht mehr weg zu denkende Selbstverständlichkeit im Entwerfen sind, haben Erstere bis vor rund 10 Jahren kaum Spuren in der alltäglichen Entwurfspraxis hinterlassen. Dies stellt sich in letzter Zeit deutlich verändert dar, eingeleitet vor allem durch einige wenige Architekten, die sich konsequent dem generativen Entwerfen verschrieben haben und befördert durch die rasante Entwicklung und Verbreitung computergesteuerter Fertigungsverfahren. Obgleich immer noch in einer eher kleinen Nische beheimatet, hat sich die Frage nach dem Wert und der Relevanz generativer Entwurfsmethoden bereits positiv beantwortet.
Im Spannungsfeld aus etablierten Designansätzen und generativen Methoden eröffnen sich aktuell eine ganze Reihe weiterer Themen, von denen sich Folgende im theoretischen Teil dieser Arbeit wiederfinden: Als Ausgangspunkt wird betrachtet, welche Unterscheidungsmerkmale sich zwischen generativem Entwerfen und traditionell geprägtem Designverständnis finden lassen, wie sich Ersteres in Letzteres einfügen und es erweitern kann und welche methodischen Konsequenzen dies nach sich ziehen wird. Ein wesentlicher Stichpunkt hierzu ist die Unterscheidung zwischen algorithmischem und generativem Entwerfen, also der Entwicklung generischer Werkzeuge, die allgemeines Designwissen repräsentieren und der Anwendung und Erweiterung solchen Wissens im projektspezifischen Kontext.
Weiterhin wird untersucht, wo die Besonderheiten generativer Entwurfsstrategien zu verorten sind, wo ihr praktischer Nutzen liegt und warum sie überwiegend im Zusammenhang mit freien, naturhaft anmutenden Formen Verwendung finden. Es wird diskutiert, wie sich der Umgang mit dem Medium Computer wandeln sollte, damit mit Hilfe dieser neuen, noch ungewohnten Methoden auch neue Ergebnisse hervorgebracht werden können. Dies zieht die allgemeine Frage mit sich, wie sich Designdenken im Zusammenspiel mit generativen Entwurfsmethoden ändern könnte – und nicht zuletzt: Welche besonderen gestalterischen Qualitäten mit generativen Werkzeugen und Methoden zu erreichen sind und wie realistisch das häufig geäußerte Ziel ist, über sie neue Entwurfsphilosophien zu entwickeln, die über die Traditionen von euklidisch geprägter Formensprache, additiver Entwurfslogik und einer gedankliche Orientierung an diskreten Einheiten hinausführt.
Die Methodik der Arbeit läßt sich am Treffendsten als ein reflektiertes, ergebnisoffen angelegtes, entwerferisches Selbstexperiment beschreiben: Die im praktischen Teil der Arbeit gewonnen Erfahrungen dienten zur Entwicklung und Überprüfung der theoretischen Erkenntnisse – und umgekehrt. In den anwendungsbezogenen Entwurfsexperimenten wurden aus evolutionären Algorithmen, parametrischen Designansätzen, Methoden der Topologioptimierung sowie der strukturellen Analyse von Stabtragwerken verschiedene generative Entwurfsansätze entwickelt und an einigen Beispielen aus praxisnahen Entwurfskontexten erprobt. Spielwiese hierfür waren Freiformflächen und Structural Shapes, also Bauformen, bei der aus der geometrischen Logik von Flächen integrierte, physisch umsetzbare Tragstruktur abgeleitet werden.